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Oktober 2022

 

Liebe Leserin, lieber Leser

 

In unseren Novemberkonzerten wenden wir uns dem Boden zu. Der Doppelsinn des Projektes
«BOODE LOOSE» ist hierbei Programm. Er ergibt sich aus den Begriffen «loosen», also dem
Boden «zuhören», und dem «loos» im Sinne von «frei»: Bodenlosigkeit.


Dem Boden zugehört wird beim Konzert ganz wörtlich: Vom Audiodesigner Cedric Spindler
werden Sie und der Chor heruntergefahren in die Geräuschwelt des Bodens. «Praktisch jeder
Organismus produziert Schallwellen, zum Beispiel durch seine Bewegungen oder durch
Kommunikation», so beschreibt der Umweltwissenschaftler Marcus Maeder die in der Erde
produzierten Geräusche. Er ist Initiator des Forschungsprojekts «Sounding Soil» an der
Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und hat mit seinem Team in die Böden hineingehört.
«Ökoakustik» nennt sich dieses noch recht junge Forschungsgebiet. Dahinter liegt laut
Maeder das Bedürfnis, «die Prozesse und das Leben im Boden sinnlich erfahrbar zu machen
und damit das öffentliche Bewusstsein für gesunde Böden zu stärken.»


Beim Konzert verwendet Audiodesigner Cedric Spindler einige Aufnahmen des
Forschungsprojekts Sounding Soil. Den Grossteil des verwendeten Materials sammelten er
und verschiedene Chormitglieder selbst, etwa Regen, Gewitter oder Grillen. Aus diesen
Aufnahmen entsteht ein einzigartiges Klangfeld und vermischt sich mit dem zweiten grossen
Thema dieses Projekts: der Bodenlosigkeit.


Tief hinab steigen die Lieder der Romantik, sei es Brahms’ «Dem Dunklen Schoss der heil’gen
Erde» oder Mendelssohns «Ruhetal». Das Dunkle, Sakrale und Magisch-Unheimliche
faszinierte schon vor 150 Jahren. Die Härte vieler Landesfürsten und die Gnadenlosigkeit der
sich stark ausdehnenden Industrialisierung zogen vielen Menschen im 19. Jahrhundert den
Boden unter den Füssen weg. In der Musik wie in der Dichtung flüchteten sich deshalb viele in
Utopien, in Gefühlswelten, in die Tiefen ihrer Seele – heute greifen wir eher zu Netflix-Serien.
Der Effekt ist in etwa der Gleiche: Wir vergessen für eine Weile die Welt um uns herum und
tauchen in eine uns packende, bezaubernde oder gruselnde Welt ein.


Das Projekt «BOODE LOOSE» oszilliert zwischen dem wachen Zuhören einerseits und dem
Abgleiten in überirdische Sphären andererseits. Hier eine wache und mutige Konfrontation
mit den ökologischen Missständen: der geschundene, ausgelaugte Boden und das uns
ernährende Leben darin. Dort die Suche nach einem Aufgehobensein in einer wie auch immer
gearteten immateriellen Welt. Insgesamt also wieder einmal ein sehr typisches Contrapunkt-
Projekt: hoch aktuell und sehr menschlich.


Wir freuen uns sehr, Sie demnächst im Publikum begrüssen zu können!

 

Kathrin Urscheler

Präsidentin Contrapunkt

 

 

 

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